Samstag, 12. März 2011

Erster Bericht aus dem Dorf und Projekt…

Mein morgendlicher Ausblick bei Tee auf der Veranda

Nach fast 1 ½  Monaten im Projekt und meinem kleinen Dorf Sowan Kidul Kedung in Jepara, kommt nun endlich mal der Bericht…

Jeder Tag meiner Schulwoche beginnt im Prinzip um ca 4:30 Uhr , wenn zum ersten Gebet des Tages aufgerufen wird und es lautstark aus den Moscheen durch das ganze Dorf droehnt. Dann setzt sich vor Beginn des Sonnenaufgangs langsam alles in Bewegung um zu beeten, Koran zu lesen, aufs Feld los zufahren, die Arbeit zu beginnen oder zu kochen. Das Aufwachen geschieht dann meist von ganz alleine und die ersten Gerueche von Reis, Tee, Chili und Knoblauch dringen in das Haus waehrend draussen in der Dunkelheit ein gemurmel zuhoeren ist -das Lesen des Al-Quran und Beeten des Dorfes. Im Hintergrund oder auch mal direkt nebenan schreien Frauen aus ihren Hauesern und die ersten Motorraeder fangen an zu knattern, nach dem sie dann beim achten mal doch anspringen wollten.
Der Tee morgens auf der Veranda bei Sonnenaufgang, ist momentan noch mein persoenliches Higlight (Bild) neben dem Unterrichten in der Schule, dem essen im Warung( Stand am Strassenrand) oder Angeln im Reisfeld. Am den schulfreien Tagen, klopft es dann meistens auch schon um 5 Uhr an der Tuer. Mein aeltester Gastbruder 10 Jahre: "Mas tobi, jalan-jalan, ayo". Das heisst raus aus den Federn und ab aufs Fahrrad mit 10 anderen Freunden meines Bruders und ein paar meiner Schueler. Er steht hinten auf dem Fahrrad waehrend ich eine Stunde auf dem Esel in die Pedale trete zum amuesemant der Dorfbewohner und meiner Jungs, da das Fahrrad natuerlich viel zu klein fuer mich ist. Ob es morgens regnet oder die Sonne scheint ist eigentlich wurscht hauptsache ewig durch die Reisfelder fahren und ein bisschen rumbruellen.

Am ersten Tag habe ich mich Klasse fuer Klasse vorgestellt und wurde von einem anderen Englischlehrer begleitet, der aber auch nur vorgibt Englisch zu verstehen, wie eigentlich fast alle Lehrer und Leute hier, die ein bisschen Englisch sprechen. Es laeuft also so ab, dass der Lehrer, welcher vorgibt Englischlehrer zu sein meist falsche Saetze  aus dem Buch and die Tafel schreibt, die weder er noch die Schueler verstehen. Dann wird kurz gefragt ob auch alles verstanden worden ist, was von den Schuelern - wie bei fast jeder Frage- im Chor bejaht wird: “ Yesssss”. Natuerlich, hat keiner von ihnen den zusammenhang, geschweige denn alle Worte verstanden. Das macht hier aber nichts, da auch Klausuren 3 mal nachgeschrieben werden koennen, wenn sie denn nicht so gut liefen!
Blos keinen Konflikt, keine Unklarheit, Problem aufkommen lassen, Indonesier streben nach Harmonie…..
Naja, seit dem zweiten Tag Unterrichte ich alleine ohne jegliche Information bekommen zu haben was meine Aufgaben sind, ob ich Noten vergebe, ob ich Klausuren entwerfe und und und. Es hiess und heisst immer nur “ you have to motivate the students to speak English!”

Wir sollen auch moeglichst zu jeder Schule kommen von welchen ich bisher die Schulleiter kennengelernt habe und darueber hinaus zu Universitaeten.


Die ersten Tage verliefen verrueckt, ich war ein Star im Dorf, die Schueler wollten Unterschriften auf Tshirts, Sportzeugs, auf Armen auf jeglichem Material was ihnen gehoert, haben. Es wurden mir Geschenke gegeben, Briefe geschrieben bei denen man hauefig leider nur die Bilder deuten konnte, da die Sprache, welche vermutlich Englisch sein sollte, auch fuer Leute mit einer Menge Fantasie meist unverstaendlich waren. Jeder der mich sah rief mir zu ich soll doch ins Haus kommen, essen, trinken, dort schlafen mit ihnen zeit verbringen. Wohin ich gehen wuerde und und und. Die meist gestellte Frage bleibt aber abgesehen von allem anderen, ob man hungrig ist.

Die Verstaendigung hat sich in den ersten zwei Wochen leider nur auf das Wesentlich beschraenkt, um mein Darsein zu erklaeren. Nach fast zwei Monaten Indonesien, ist es schon moeglich laengere Gespraeche zufuehren und die Leute die man ausserhalb des Dorfes trifft sind immer beeindruckt in welch kurzer Zeit man die Sprache schon so gut beherrscht. Nach dem Beenden eines chaotischen Schultages, voller “rausrennerei aus dem Klassenzimmer fuer Toilette, Spucken, Essen, Trinken, Sitzen und dem Unterricht nur irgendwie zu entgehen, vergessenen Stiften und Buechern und und und” gibt es wie auch zum Fruehstueck, Reis mit Gemuese Fisch, Fleish, Rinderaugen, Rinderschnauze oder Eingeweide.
Da in unserem Haus neben den Mauesen, Geckos, Kakerlaken und Spinnen auch wirkliche Haustiere leben, besitzt meine Famile fuenf Katzen.
Waehrend des Essens, was ich selten mal in Gesellschaft tue, da alle eher ihren Interessen nachgehen und es kein Familienessen gibt, ist es also normal wenn das kleinste Kind auf dem Tisch laueft, die Katzen permanent auf den Tisch wollen und rumjaulen, dir auf den Schoss huepfen, an deinen Beinen rumkreisen und sich bei jedem noch so kleinem Stueck Fleisch, Fisch, Krebs, was auf den Boden faellt oder geworfen wird, die Augen Auskratzen. Es wird gerulpst, gespuckt, geschmatzt… alles was wir gelernt haben am Tisch zu meiden, wird hier mit Genuss und Freude beim Essen zelebriert. Nach dem Essen, voll im Magen, von der Hitze erschlagen und dem Unterrichten erschoepft, probierte ich in den ersten Wochen meistens einen Mittagsschlaf zuhalten. Wenn es den moeglich war, schlief ich mal 10 Minuten bis eines der Geschwister in mein Zimmer kam und irgendetwas von meinen Sachen nahm oder anfing zu schreien weil der eine 2 Erbsen mehr als der Andere bekam, oder einfach nur mit mir Spielen wollte. Aufgedreht sind die Kinder hier den ganzen Tag, bis zum letzten Gebet des Tages um 20 Uhr, dann schlafen sie gerne auf dem Boden irgendwo im Haus mit Geldscheinen in ihrer Hand ein. Ich spiele mit meinen Schuelern die im Alter von 12-15 sind, Fussball vor der Moschee, barfuss auf dem Schotter, wo ich mir beim ersten mal auch den Fuss an nem Stein aufgerissen habe. Wir gehen Angeln im Reisfeld, Fahrrad fahren oder toben herum. Ab und zu springen die Kinder in die Braune Suppe, welche der Fluss in unserem Dorf ist, in dem Mal ein totes Huhn, mal eine Plastiktuete oder ein Schuh oder ein Sonstetwas vorbeischwimmt. Sonst ist die Hauptbeschaeftigung der Maenner rumsitzen und reden, essen, Tee trinken und rauchen, waehrend die Frauen zuhause, am Herd schwitzen, waschen, Buegeln und und und…
Zum Gebet sind alle immer puenktlich. Wenn es jedoch um die Puenktlichkeit fuer Schule und sonstige Treffen geht, laesst man einen gerne schon mal 45 min warten. So auch in der Schule, mit 35 Minuten verspaetung, faengt der Nachmittagsunterricht meistens an. In den darauf folgenden Stunden, sieht man die Maenner und Jungen ueberwiegend in traditioneller Kleidung rumlaufen: Coco, Hut und Sarong( wie auf dem Bild waehrend des Festes). Bei einbruch der Dunkelheitt geht es zum vierten Gebet des Tages gemeinsam zur Moschee, Jungengruppen, Maenner und Frauen, laufen zur Moschee.
An zwei Tagen der Woche treffen sich alle Kinder des Dorfes um 18 Uhr in einem Haus, lesen Al-Quran, machen traditionelle Musik und Beeten zusammen. Die Kinder, sind alle unfassbar lebensfroh und herzlich und witzig und das ganze Dorf ist wie eine riesen Familie (Bild). Es wird fuer einander gesorgt und gekocht, man laed seinen Nachbarn zum essen ein und man rupft sich gegenseitig die grauen Haare aus, wie Affen die Zecken aus den Haaren des Anderen zupfen und dann essen.
 
Nach dem letzten Gebet des Tages um ca. 20 Uhr
kehrt langsam Ruhe ein und fast jeder befindet sich in seinem Haus und es geht  nur noch ein geklimmper von den Essensgeraeuschen herum. Fuer die Meisten endet der Tag dann auch und man legt sich schlafen um am naechsten Morgen wieder um 4 Uhr fit zu sein. Ab und zu regnet es dann wie aus Kuebeln, welches die alten Daecher nicht aushalten, sodass es auch mal durch das Dach regnet und von der Decke tropft. Das ist dann auch meistens mit einem Stromausfall verbunden.

Das Leben in meinem Dorf ist gemuetlich und langsam kann ich auch die Eindruecke, bei welchen ich in den ersten Woche aus dem Staunen nicht mehr rauskam, verarbeiten und geniessen und mich auf das Alles Einlassen. Absolut interessant ist auch die Ernte und Saat des Reis zu beobachten, wenn die Frauen jede Reispflanze einzeln in das bewaesserte, grosse Feld setzen. Reis kann das ganze jahr bis zu drei mal auf jedem Feld angebaut werden. Es dreht sich alles rund um Reis, das Heilige Gewaechs, ein Symbol des Gedeihens. Wer also an die Reisgoettin glaubt, laesst am Ende eines Essens einen kleinen Rest Reis als Opfergabe fuer, Dewi Sri auf dem Teller.

Unser Haus besteht aus zwei Teilen. Der alte Teil unseres Haus, in dem sich alles abspielt, Essen und und und wurde 1880 von dem Grossvater erbaut und besteht nur aus Holz. (Bild) Im neuen Teil des Hauses, in welchem wir schlafen, ist es relativ Modern und wir haben kein klassisches Mandi (Badezimmer mit Becken fuer Wasser und eine Kelle) sondern eine Western Toilette. Dier Erfahrungen mit dem klassischen Mandi macht man dafuer in fast allen anderen Haeusern und an oeffentlichen Plaetzen.  Unser Dorf liegt umgeben von Reisfeldern, wenn ich also vor meine Haustuer trete sehe ich hinter der Haupstrasse weit und breit nur Reisfelder.(Bild)

Der juengste meiner Gastbrueder Abim

Nach der Ernte, vorbereitung fuer die naechste Saat
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 Fest mit traditioneller Musik  und Kleidung fuer Toleranz und die Gemeinschaft im Dorf
Esszimmer
Mein Zimmer
Ausblick bei Regen und Dunst
Frauen gehen morgens zur Arbeit
Hauptstrasse die das Dorf von den Reisfeldern trennt